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Leben und Sterben

Brennen für die Wissenschaft

Während heutzutage Feuerbestattungen in weniger als zwei Stunden in Elektro- oder Gasöfen durchgeführt werden, war die Verbrennung von Verstorbenen auf dem Scheiterhaufen ein wohl eher zeitaufwändiges Ritual.

Ich durfte auch heuer wieder an der experimentellen Verbrennung von Schweinekadavern auf einem Scheiterhaufen im Rahmen der Lehrveranstaltung „Experimentelle Archäologie in der Praxis“, MAMUZ, Asparn an der Zaya, NÖ, teilnehmen. Derartige Experimente zur Simulation der Einäscherung von Verstorbenen unter freiem Himmel geben wertvolle Einblicke in diese heute bei uns nicht mehr gängige Praxis.

Experimentelle Verbrennung eines Schweinekadavers zur Simulation der Einäscherung von Verstorbenen auf einem Scheiterhaufen im Rahmen der Lehrveranstaltung „Experimentelle Archäologie in der Praxis“, MAMUZ, Asparn an der Zaya, 2022. (Foto: Andrea Stadlmayr)

Zahlreiche Experimente auch anderer Arbeitsgruppen zeigen, dass mehrere Kubikmeter Holz nötig sind, um eine vollständige Verbrennung aller organischen Bestandteile eines Körpers auf einem Scheiterhaufen zu erreichen, sofern der Leichnam im Feuer nicht bewegt wird. Bei der Verbrennung, die 7–10 Stunden dauern kann, entstehen stellenweise Temperaturen von über 1000 °C. Da die Temperatur nicht überall im Scheiterhaufen gleich hoch ist, verbrennen unterschiedliche Körperregionen je nach Lage im Scheiterhaufen unterschiedlich schnell. Dies hängt aber auch damit zusammen, wie viel Fett an einer Körperstelle vorhanden ist, da Fett als Brandbeschleuniger wirkt. Ob am Ende der Kremation noch kohlenstoffhaltige Verbindungen in einem Knochen vorhanden sind, die Verbrennung also unvollständig ist und vielleicht sogar noch Weichteile erhalten waren, lässt sich an der Farbe des Leichenbrands erkennen. Ein nur leicht verbrannter Knochen ist bräunlich oder schwarz verkohlt, stärker verbrannter Knochen ist blau-grau und später milchig weiß. Bei einer vollständigen Verbrennung bleiben nur die anorganischen Bestandteile des Knochens über, er ist steinhart und schmutzig weiß.

Verbrannte Knochen, verkohltes Holz und jede Menge Asche bleiben an Stelle des Scheiterhaufens zurück (MAMUZ, Asparn an der Zaya, 2022). (Foto: Andrea Stadlmayr)

Sogar am Morgen nach unserem Experiment versteckten sich unter dem Ascheberg des niedergebrannten Scheiterhaufens vereinzelt noch glühende Kohlen. Im Falle eines menschlichen Verstorbenen würden die verbrannten Knochen nun aus der Asche aufgelesen und in eine Urne gelegt oder direkt in eine Grabgrube geschüttet und bestattet werden. Wir dagegen haben bei unserem Schwein eine wissenschaftliche Bergung mit umfassender Dokumentation vorgenommen.

Verbrannte menschliche Knochenfragmente aus Grab 63 des Gräberfeldes Enns/Steinpaß. Je nachdem wieviel Muskelmasse und andere Weichteile einen Knochen umgeben, und je nach Lage am und Temperatur im Scheiterhaufen und Verbrennungsdauer, sind Knochen unterschiedlich starker Hitzeeinwirkung ausgesetzt. Links: schwarz verkohltes Stück eines Beckenknochens, rechts vollständig verbranntes Langknochenbruchstück. (Foto: Andrea Stadlmayr)

Verfasst von

Andrea Stadlmayr studierte Anthropologie an der Universität Wien und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Anthropologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums. Im LDDL-Projekt ist sie für die Untersuchung der menschlichen Leichenbrände zuständig. www.nhm-wien.ac.at, www.researchgate.net

Das Projekt wird aus Mitteln des Heritage Science Austria-Förderprogramms der Österreichischen Akademie der Wissenschaften finanziert.

www.oeaw.ac.at

Projektträger

Naturhistorisches Museum Wien
OÖ Landes-Kultur GmbH
Paris Lodron Universität Salzburg

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